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Das Gesetz der Selbstentfaltung
Das Gesetz der Selbstentfaltung besagt, dass jedes lebende System eine innere Kraft hat, die es dazu drängt, sich in dem zur Verfügung stehenden materiellen Raum auszubreiten. Bezogen auf Systeme der Ordnungshöhe Art/Staat besagt dies folgendes: ohne Einwirkung anderer Kräfte dehnt sich das System Staat auf der ihm zur Verfügung stehenden Fläche ständig gleichmäßig in alle Richtungen aus.
Wir denken uns einmal eine Erde unendlich großer Fläche mit gleichbleibenden klimatischen Verhältnissen und unbegrenzten Nahrungsreserven. Auf dieser Erde würde sich ein System Volk (oder eine Tierart) ständig gleichbleibend ausdehnen. Es würde ohne zeitliches und räumliches Ende wachsen, genauso, wie eine Kugel unter idealen Bedingungen in ihrer gleichförmigen Bewegung verharrt oder sich elektromagnetische Wellen im Raum ausbreiten. Jede Bewegung benötigt jedoch ein Medium, in dem es sich bewegt und von dessen Existenz sie abhängig ist. Das Gesetz der Selbstentfaltung ist das Trägheitsgesetz Newtons übertragen auf lebende Systeme der Ordnung Gattung oder Art. Die Art ist gekennzeichnet durch Gemeinsamkeiten der genetisch gespeicherten Daten. Die Ausdehnungstendenz betrifft diese Daten. Die in den Genen einer Art gespeicherten Daten haben die Eigenschaft, sich zu vervielfältigen. Sie wollen sich in alle Richtungen auf der zur Verfügung stehenden Fläche (also hier auf der Erde, die in diesem Fall das erforderliche Medium ist) ausbreiten. Diese Ausbreitung erfolgt explosionsartig. Der Einzeller teilt sich, beide Tochterzellen teilen sich usw. Die in den Genen enthaltenen Daten vervielfältigten sich ursprünglich in einem nicht vorstellbaren Tempo. Die Ausbreitungsbewegung der Daten würde innerhalb kurzer Zeit dazu führen, dass das gesamte Weltall mit ihnen angefüllt wäre, wenn die Voraussetzungen für ihre Verbreitung überall gleichermaßen vorhanden wären. Sie würden sich ebenso im gesamten zur Verfügung stehen Raum ausbreiten wie die rollende Kugel bis ans Ende der Welt rollen würde, wenn sie eine entsprechende Bahn zur Verfügung hätte. Die Lichtgeschwindigkeit ist gleichbleibend. Die Geschwindigkeit der Raumausbreitung der genetisch gespeicherten Daten würde sich – bei ungeschlechtlicher Vermehrung durch Zellteilung pro Zeiteinheit verdoppeln und das sich ausbreitende Licht in kurzer Zeit überholen. Hieran erkennt man die enorme Energie, die diese Ausbreitungskraft der genetisch gespeicherten Daten hat. Das Bewegungsgesetz für physikalische Objekte gilt, obwohl noch nie jemand in der Natur eine Kugel gesehen hat, die ständig rollt. In der Natur gibt es weder eine Kugel, noch eine Ebene. Ebenso wenig kann man natürlich einen Staat beobachten, der sich in dieser explosionsartigen Weise ausdehnt. Dies liegt daran, dass Gesetze ihre Wirkung immer nur unter bestimmten Bedingungen entfalten. Für die Erkenntnis neuer Gesetze kommt es darauf an, von den realen Bedingungen zu abstrahieren und sich Idealbedingungen zu denken. So ist auch Newton vorgegangen. In der Natur herrschen zwar nicht diese idealen Bedingungen. Wir können sie uns aber vorstellen. Hinzufügen möchte ich noch: ein sich derartig ungestört ausdehnendes lebendes System hätte keine Veranlassung zu irgendeiner Veränderung. Es würde sich, dem Selbstentfaltungsgesetz folgend, lediglich ausbreiten und immer größer werden. Es würde sich räumlich entfalten, jedoch keine Entwicklung (Evolution) vollziehen. Da die vorgestellte Erde unendlich groß ist, könnte sich diese Ausbreitungsbewegung im materiellen Raum unendlich lange fortsetzen. Der sich vermehrende Einzeller und seine Tochter und Enkelgenerationen wären genauso wie er. Die sich ausbreitende Information würde sich nie ändern. Es würde sich lediglich um Klonungen handeln, wie man heute sagen könnte. Summe der Tochter- und Enkelgenerationen ist die Art, das System Art. Die Daten werden zwar im Individuum (System Individuum) gespeichert. Diese Speicherung ist natürlich verletzlich. Das Individuum (z.B. das Pantoffeltierchen) ist sterblich. Ihre Unsterblichkeit erhalten die genetisch gespeicherten Daten lediglich dadurch, dass sie sich ständig durch weitere Teilungen vermehren. Unsterblich ist nicht die individuelle Datenspeicherung, sondern die Datenspeicherung der Art. Durch die Existenzform als Art wird die Datenspeicherung dauerhaft und erfüllt das Selbsterhaltungsgesetz. Man könnte daher formulieren: Das Ausbreitungsgesetz (Selbstentfaltungsgesetz) ist Folge des Selbsterhaltungsimpulses der genetisch gespeicherten Daten. Man sieht hier exemplarisch die enge Verbindung von Selbsterhaltung und Selbstentfaltung. Die Selbstentfaltung dient ursprünglich lediglich der Selbsterhaltung. Im übrigen sieht man hier deutlich, dass die genetische Informationsspeicherung in erster Linie die Daten betrifft, die der Erhaltung und Verbreitung der Art dienen. Das wird bei der Zweigeschlechtlichkeit der Individuen undeutlicher. Wir sind wieder einmal gerade dabei, ein Gedankenspiel zu machen. Nunmehr nehmen wir jedoch eine Veränderung vor, um das Gedankenexperiment realistischer zu gestalten.
Der zur Verfügung stehende Raum sei nunmehr begrenzt.
Dies hat unweigerlich zur Folge, dass das materielle Größenwachstum an eine Grenze stößt.
Da das lebende System (die genetisch gespeicherten Daten) sich nun nicht mehr ausdehnen (immer weiter vervielfältigen) kann, kann es sein Handlungsgesetz (Ausdehnung) nicht mehr einhalten. ..... Folge der Wirkung des Ausbreitungsgesetzes der genetisch gespeicherten Daten (Information) ist ein Kampf der Individuen gegeneinander. Auch für das lebende System Mensch gelten ja ein Selbsterhaltungsdrang und das Selbstentfaltungsgesetz. Allerdings ist das System Mensch im Unterschied zum System Art sterblich. Über das Überleben der Individuen entscheiden nunmehr kleine Unterschiede (siehe Rudi Zimmerman: Philosophie lebender Systeme. Das System Mensch und der Kampf der Gene gegen die Evolution des Geistes. Verlag Philosophie des dritten Jahrtausends. Berlin. 2000, Seite 29ff). .... Unter dem Druck des Selbstentfaltungsgesetzes und des Selbsterhaltungs”gesetzes” beginnt eine Evolution neuer Arten. ... Aus dem gleichförmigen Größenwachstum ist unter einem äußeren Druck der Raumbegrenzung eine Bewegung in Richtung Evolution der Arten geworden, ohne dass eine neue Regel oder ein neues Gesetz eingeführt werden musste. ... In meinem Gedankenexperiment habe ich die räumliche Begrenzung eingeführt. Ebenso gut hätte ich eine Begrenzung durch das Versiegen von Nahrungsmitteln einführen können. Naturkatastrophen und die Begrenzung der Nahrungsmenge haben die gleichen Folgen wie die räumliche Begrenzung. Auch sie führen durch das Zusammenwirken von Selbsterhaltungsgesetz und Ausdehnungsgesetz (Selbstentfaltung) zur Evolution der Arten. In Erfüllung des Selbsterhaltungsgesetzes überleben die genetisch gespeicherte Daten, aber sie verändert sich dabei und bildet neue Arten. Die evolutionäre Kraft ist die Umwandlung der Trägheit lebender Systeme unter der Einwirkung des Selbsterhaltungsgesetzes und einer Begrenzung der für die Fortbewegung nötigen Voraussetzungen. Bei lebenden Systemen der Ordnung Art (oder Gattung) sind dies ein unendlicher Raum und eine unendliche Menge von Nahrung. Wird der Raum oder die Nahrungsmenge begrenzt, kann das lebende System Art seine Wachstumsbewegung nicht mehr ausführen und wandelt die Bewegungsenergie in Evolutionsenergie um. Dadurch entstehen immer neue Arten und Unterarten. Hinter der Evolution steckt also keine göttliche Eingebung, sondern lediglich ein einfaches Bewegungsgesetz. Im Grunde ist es nichts weiter als das Trägheitsgesetz, das bereits von Newton für leblose Objekte gefunden wurde.
Wir sehen nun noch etwas anderes: die Welt der unbelebten Dinge und die Welt der lebenden Systeme bilden keinen Widerspruch. Lebende Systeme und nicht-lebende Systeme (tote Objekte, Dinge) bilden nicht zwei verschiedene Welten, sondern sie gehören zu einer Welt, die sich nach gemeinsamen einfachen Gesetzmäßigkeiten verhält. |