Das Manifest der Philosophie lebender Systeme
Vor 10 Jahren (im Jahr 2000) wurde die Philosophie lebender Systeme durch Rudi Zimmermans erstes Buch "Philosophie lebender Systeme" ins Leben gerufen. Die letzten Buchveröffentlichungen waren "Das System Mensch" (2003) und "Zivilisation als Fortsetzung der Evolution" (2008), außerdem sind verschiedene Aufsätze im Internet erschienen (“Die Arbeit der Natur”, “Die Entwicklung von der Zelle zur Menschheit” u.a.).
Anlässlich dieses Jubiläums möchte ich die Grundsätze dieses neuen Ansatzes einer Natur- und Technikphilosophie, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht, und deren Folgerungen kurz vorstellen.
1. Ein lebendes System besteht aus Komponenten, die eine Einheit bilden. Sein von außen beobachtbares Bewegen/Verhalten wird zentral gesteuert. Die Zelle ist ein "Holon" (Arthur Koestler), das Individuum Mensch ist innerhalb des lebenden Systems Staat ein solches.
2. Dem menschlichen Individuum ist dieses System Staat übergeordnet, für tierische und pflanzliche Individuen sind die Arten derartige übergeordnete lebende Systeme.
3. Jedes Lebende System entfaltet sichtbare Wirkungen, die von Kräften verursacht sind. Sein Verhalten wird durch zwei Grundkräfte verursacht, nämlich der sogenannten "Selbsterhaltung" (einer Kraft, die auf die innere Homöostase des Systems zielt) und der sogenannten "Selbstentfaltung" (einer Kraft, die auf die Vergrößerung des Systems gerichtet ist), also erstens eine Kraft vergleichbar mit "Yin" in traditioneller chinesischer Philosophie oder der Gravitationskraft großer Körper und zweitens einer Kraft, die vom Zentrum in alle Richtungen nach außen gerichtet ist, vergleichbar mit "Yang”) .
4. Folglich wirken diese Kräfte auch im System Art (was Tiere und Pflanzen betrifft) und auch im System Staat. Diese beiden Kräfte lebender Systeme werden auch von den Arbeitseinheiten der Individuen, den Zellen, entfaltet und auch in den Individuen. Im Menschen durch die Produktion von Hormonen, die die individuelle menschliche Aktivität anregen und im Individuum Gefühle auslösen. Dafür sind der Sexualtrieb und das Angstgefühl die besten Beispiele. Der Sexualtrieb realisiert allerdings die Selbsterhaltung und Selbstentfaltung der Art, nicht die des Individuums. Das hormoninduzierte sexuelle Lustgefühl des Individuums ist das "Bestechungsgeld" der Natur dafür, dass Tiere (und der Mensch) sich vermehren, also die Art vergrößern. Das hormoninduzierte Angstgefühl löst Flucht- oder Angriffsreflexe aus, die nicht nur das Überleben (=Selbsterhaltung) des Individuums sichern, sondern insbesondere das der Art.
5. Das menschliche "ICH" ist die steuernde Instanz des Menschen, die Entscheidungen darüber trifft, welche konkrete Handlung in jedem Moment unternommen wird. Diese Instanz verfügt über keine eigene Energie, sondern sie wählt aus den verschiedenen biologischen Antrieben, die jeden Moment im Individum wirken, die für den Menschen optimale Handlung aus. Diese kann auch den Interessen des übergeordneten Systems Staat widersprechen.
6. Die Spaltung der Tierart "Mensch" in verschiedene Staaten ist Folge der Bildung menschlicher Sprachgemeinschaften, Denkgemeinschaften und Gaubensgemeinschaften. Diese Lebenden Systeme gehorchen ebenfalls den Kräften Selbsterhaltung und Selbstentfaltung (der Kraft, die auf Vergrößerung des Systems gerichtet ist) und führen daher Kriege.
7. Die Evolution (Darwin) von Fähigkeiten und wirkungserbringenden Einheiten (Organen) setzt sich beim Menschen in der wissenschaftlichen Tätigkeit, der Erfindung und Entwicklung von körperexternen Organen (zusätzlichen Organen im Sinne von Hans Hass) fort. Diese Produkte der Technik erhöhen die Leistungsfähigkeit des menschlichen Individuums und sind somit nichtlebende Teile des menschlichen materiellen Körpers, der nun als "System Mensch" bezeichnet wird.
8. Die gemeinschaftlich produzierten körperexternen Organe können von allen Menschen, gleich welchen Glaubens, welcher Sprache und Ethnie, genutzt werden, sie können global weltweit in Gemeinschaftsarbeit produziert, verteilt, verkauft und genutzt werden (="Hyperzeller" im Sinne von Hans Hass) und verbinden daher alle menschlichen Individuen zu einer Menschheit.
9. Dies entspricht einerseits der biologischen Art "Mensch", andererseits hat der Mensch die Fähigkeit entwickelt, auch seine Ideen körperextern auf Papier (in Büchern) oder auf anderen austauschbaren Datenträgern zu speichern, was einen neuen Erbweg neben dem der intrazellulären genetischen Speicherung von Ideen eröffnet hat. Deshalb muss die Menschheit als neues "Reich" neben dem Tierreich, Pflanzenreich, Reich der Einzeller, der "Schleimpilze usw. betrachtet werden.
10. Gegenwärtig ist zu beobachten, dass die Staaten ihre Macht an die globalen produzierenden Einheiten verlieren, nämlich an die Suprasysteme der Großbanken, Finanzzentren, globale Konzerne und Religionsgemeinschaften. Geld (Zahlen auf Bankkonten) als Speicher menschlicher Energie fließt zunehmend von den Staaten, die ihre Aktivität auf die Organisierung des Zusammenlebens kleinerer Einheiten reduzieren sollten, zu den produzierenden Einheiten, die "Gewinn" (=Wachstum) versprechen. Diese Entwicklung kann zu einer Vereinigung der Menschheit führen, wenn die Staaten und Glaubensgemeinschaften ihre Funktion darin sehen würden, das Wachstum der Menschheit zu begrenzen. Nicht die Regulierung der Finanzströme ist das Problem der Gegenwart, sondern die Regulierung des Wachstums des Systems Menschheit. Die Menschheit muss ihre Wachstumskraft (Selbstentfaltung) auf den geistigen Bereich umlenken und das materielle Wachstum, nämlich das Bevölkerungswachstum und das industrielle Wachstum, begrenzen.
Rudi Zimmerman im Jahr 2010 |